Shareholder Engagement in Search Funds: Why It Matters
- fv8130
- 31. März
- 20 Min. Lesezeit
Einleitung
Das Search-Fund-Modell – bei dem Gründer Kapital einsammeln, um ein kleines Unternehmen zu suchen, zu erwerben und als CEO zu führen – hat sich in den letzten Jahren weltweit rasant ausgebreitet. Was in den 1980er Jahren als Nischenexperiment begann, ist heute ein globales Phänomen mit exponentiellem Wachstum. Besonders seit etwa 2013 steigt die Zahl neu gegründeter Search Funds pro Jahr sprunghaft an – ein sichtbarer Wendepunkt, nach dem die Kurve deutlich nach oben zeigt. Gleichzeitig erlebt diese Anlageklasse eine zunehmende Institutionalisierung: Immer mehr professionelle Investoren und sogar spezielle Fonds beteiligen sich an Search Funds. Sie bringen zwar mehr Ressourcen und Fachwissen ein, aber damit ändern sich auch die Dynamiken in der Search-Fund-Gemeinschaft.
Für angehende Search-Fund-Gründer eröffnen sich durch diese Entwicklungen spannende Chancen – aber auch neue Herausforderungen. In einer Gemeinschaft, die früher klein und eng verflochten war, stellt sich nun die Frage: Wie bewahrt man die enge Abstimmung, das Vertrauen und den Austausch von Wissen, wenn das Netzwerk immer größer wird? Eine mögliche Antwort, die derzeit an Bedeutung gewinnt, lautet: durch aktives Anteilseigner-Engagement (engl. shareholder engagement). Eine neue Studie der IESE Business School (März 2025) betont, dass ein bewusst betriebenes Engagement der Gesellschafter ein entscheidendes Werkzeug sein kann, um die kooperative Kultur und die Leistungsstärke von Search Funds in ihrer nächsten Entwicklungsphase zu unterstützen. In diesem Artikel schauen wir uns an, was unter Shareholder Engagement zu verstehen ist, warum es für den Erfolg von Search Funds so wichtig sein kann und wie man es konkret umsetzt – mit einem Blick sowohl auf die Praxis als auch auf Erkenntnisse aus der Forschung.
Was versteht man unter Shareholder Engagement?
Shareholder Engagement (auf Deutsch etwa Engagement der Anteilseigner oder Investoren-Einbindung) bezeichnet den Austausch und die Interaktion zwischen den Anteilseignern eines Unternehmens und dessen Führung – insbesondere dem Aufsichtsrat bzw. Board of Directors – mit dem Ziel, das Unternehmen positiv zu beeinflussen und zu verbessern. Anders als bei der üblichen Investorenkommunikation, die oft eindimensional ist (das Management informiert, die Investoren hören zu), handelt es sich beim echten Shareholder Engagement um einen zweiseitigen Dialog. Das bedeutet: Anteilseigner bringen aktiv ihre Ansichten, Fragen oder Anliegen gegenüber der Unternehmensführung ein, und umgekehrt hört die Führung (vor allem der Beirat/Aufsichtsrat) zu und geht auf diese Anliegen ein.
In der Praxis gibt es unterschiedliche Definitionen dieses Begriffs. Manche verstehen darunter vor allem, dass Investoren ihre Stimme nutzen, um Unternehmen zu besseren Praktiken zu bewegen – beispielsweise in Bezug auf Nachhaltigkeit oder gute Unternehmensführung. Andere Definitionen legen den Schwerpunkt darauf, dass Unternehmen von sich aus den Kontakt zu ihren Anteilseignern suchen, um über wichtige Themen (Strategie, Vergütung, Risikomanagement, etc.) zu sprechen, die über die üblichen Finanzkennzahlen hinausgehen. Eine umfassendere Definition, der auch die IESE-Studie folgt, lautet: Shareholder Engagement umfasst „alle Wege, wie Anteilseigner dem Board ihre Sicht mitteilen können und wie Boards den Anteilseignern ihre Perspektiven vermitteln können“ – zusätzlich zu den ohnehin bestehenden Investor-Relations-Aktivitäten. Entscheidend ist bei dieser Definition das zweiseitige Element, also der Austausch zwischen Eigentümern und dem Board. Anders formuliert: Shareholder Engagement ist keine Einbahnstraße, sondern ein Gespräch, in dem beide Seiten aktiv teilnehmen.
Gerade dieses zweiseitige Verständnis ist wichtig. Für einen Search-Fund-Gründer bedeutet es, dass Engagement der eigenen Investoren nicht bloß darin besteht, regelmäßige Berichte zu versenden – sondern auch darin, deren Feedback aktiv einzuholen und sie (in angemessener Weise) in wichtige Überlegungen einzubeziehen. Richtig umgesetzt kann Shareholder Engagement so das geballte Know-how der Investoren nutzbar machen und gleichzeitig für ein gegenseitiges Verständnis und Vertrauen sorgen. Bevor wir darauf eingehen, wie das konkret funktioniert, lohnt ein kurzer Blick darauf, wie das Thema Shareholder Engagement in größeren Unternehmen aufgekommen ist und warum es nun auch für privat gehaltene Firmen wie Search Funds an Relevanz gewinnt.
Historischer Kontext: Öffentlich vs. privat – vom Großkonzern zum Search Fund
Traditionell war Shareholder Engagement vor allem ein Thema bei börsennotierten Unternehmen. Schon im 17. und 18. Jahrhundert, als die ersten großen Aktiengesellschaften (etwa die Britische Ostindien-Kompanie) entstanden, zeigte sich: Wenn sich das Eigentum an einem Unternehmen auf viele Investoren verteilt und vom Management getrennt ist, entsteht ein Spannungsfeld. Eigentümer und Manager haben möglicherweise nicht stets dieselben Interessen. Die Wirtschaftswissenschaft nennt das später das Prinzipal-Agent-Problem. Einfach gesagt besteht das Risiko, dass angestellte Manager (Agenten) eher ihre eigenen Ziele verfolgen und nicht immer im besten Sinne der Anteilseigner (Prinzipale) handeln. Schon Adam Smith warnte 1776 davor, dass Verwalter fremden Kapitals nicht mit derselben Sorgfalt agieren wie ein Eigentümer mit seinem eigenen Geld.
In den USA fielen Eigentum und Führung in der Frühzeit oft noch zusammen – man denke an Industriepioniere wie Andrew Carnegie oder John D. Rockefeller, die sowohl Großaktionäre als auch faktische Chefs ihrer Unternehmen waren. Doch mit dem Aufstieg von breit gestreuten Aktiengesellschaften im 20. Jahrhundert trennten sich Eigentum und Management zunehmend. Spätestens ab den 1930er Jahren führten professionelle Manager die Konzerne, während die Aktionäre vor allem über die Hauptversammlung und den Aufsichtsrat (Board of Directors) Einfluss nehmen konnten. Lange Zeit galt allerdings: Der Einfluss der durchschnittlichen Aktionäre war gering. Die Rechtslage und Gepflogenheiten führten dazu, dass Vorstände/Aufsichtsräte oft selbstgefällig agieren konnten – die meisten Aktionäre stimmten routinemäßig allen Vorschlägen des Managements zu, und Gegenstimmen oder gar Wechsel im Board waren selten. 2007 stellte der Jurist Lucian Bebchuk provokativ fest, die theoretische Macht der Aktionäre, den Verwaltungsrat zu ersetzen, sei „größtenteils ein Mythos“, da die Anteilseigner faktisch gar nicht über diese Hebel der Unternehmensdemokratie verfügten. Mit anderen Worten: Die Leitungsgremien waren in der Praxis häufig fest im Sattel, und normale Aktionäre hatten wenig zu melden.
Dies änderte sich ab den 2000er Jahren zunehmend, vor allem infolge von Unternehmensskandalen (Enron, WorldCom usw.) und der Finanzkrise 2008. Es gab eine Welle von Reformen und Initiativen, um die Corporate Governance zu stärken und den Aktionären mehr Gehör zu verschaffen. So führte man etwa in den USA Vorschriften wie den Sarbanes-Oxley Act (2002) ein, welche die Rechenschaftspflicht von Vorständen erhöhten, und die Dodd-Frank-Gesetze (2010) gaben Aktionären ein Mitspracherecht bei Managergehältern. In Großbritannien entstand 2010 der UK Stewardship Code, der institutionelle Investoren anhielt, aktiv ihre Eigentümerrolle wahrzunehmen. In diesem Zuge formierten im Jahr 2013 führende Unternehmenslenker und Großanleger in den USA eine Arbeitsgruppe namens Shareholder-Director Exchange (SDX), die einen 10-Punkte-Protokollrahmen veröffentlichte. Dieser sogenannte SDX-Protocol gibt Richtlinien für den Dialog zwischen Boards und Aktionären vor – wann ein solcher Austausch sinnvoll ist und wie man ihn konstruktiv gestaltet. All das signalisierte: Ein konstruktiver Dialog mit Anteilseignern (nicht nur Konfrontation durch Aktivisten) wurde mehr und mehr als Bestandteil guter Unternehmensführung angesehen.
Parallel dazu belegten auch wissenschaftliche Studien und empirische Untersuchungen, dass aktives Anteilseigner-Engagement sich positiv auf die Unternehmensleistung auswirken kann. So gibt es Hinweise, dass Firmen mit engagierten Aktionären tendenziell bessere Finanzkennzahlen und eine höhere Aktienperformance aufweisen, dass ihre Governance-Strukturen verbessert werden und Risiken reduziert werden (z. B. geringere Kursschwankungen). Eine vielbeachtete Studie von Dimson, Karakaş und Li (2015) etwa analysierte hunderte Engagement-Kampagnen und fand heraus, dass erfolgreiche Aktionärsinterventionen (wo das Unternehmen auf die Anliegen einging) mit signifikant positiven abnormalen Aktienrenditen und Verbesserungen der operativen Leistung einhergingen. Ebenso zeigte eine Untersuchung von Khan, Serafeim und Yoon (2016), dass Unternehmen, die sich auf für ihre Branche wesentliche Nachhaltigkeitsthemen konzentrieren (oft angestoßen durch Aktionärsinitiativen), eine höhere Bewertung und Wertsteigerung für Anteilseigner erzielen. Kurz gesagt: Wenn Anteilseigner konstruktiv ihre Stimme einbringen und Unternehmen darauf reagieren, kann dies allen Beteiligten – den Eigentümern wie dem Unternehmen selbst – zugutekommen.
Wie ist die Lage bei privat gehaltenen Unternehmen? In Privatunternehmen oder Familienbetrieben war formelles Anteilseigner-Engagement historisch selten ein Thema. Der Grund ist naheliegend: In diesen Unternehmen sind die Eigentümer meist ohnehin direkt involviert oder es gibt einen Hauptgesellschafter, der über alles Wesentliche entscheidet. Klassische Prinzipal-Agent-Probleme treten weniger auf, da die Interessen stärker gebündelt sind. Wenn z. B. ein Gründer 60% eines Unternehmens hält und gleichzeitig Geschäftsführer ist, bedarf es keiner besonderen Mechanismen, damit er in seinem eigenen Interesse handelt – er ist ja der Haupteigner. Und falls es doch mehrere Gesellschafter gibt, sitzen diese in einem kleinen Kreis oft selbst mit in der Geschäftsführung oder im Beirat, sodass sowieso ein direkter Austausch stattfindet.
Search Funds haben von ihrem Konzept her versucht, potentielle Interessenkonflikte von Anfang an zu minimieren. Der Unternehmer (Suchender, später CEO) behält nach dem Firmenkauf meist einen substanziellen Eigenanteil am Unternehmen und ist oft sogar der größte einzelne Anteilseigner. Zugleich wählen die Investoren die Mitglieder des Boards bzw. Beirats mit Bedacht aus – man setzt auf Personen mit komplementären Fähigkeiten, integrer Persönlichkeit und natürlich ebenfalls eigenem Investment im Boot. Das Kernmodell der Search Funds schuf also eine starke Interessengleichheit: Der CEO ist Miteigentümer, und die Investoren, die typischerweise auch im Board sitzen, ziehen im selben Strang und passen gut zueinander. Diese enge Allianz zwischen CEO und Investoren erklärt, warum klassische Corporate-Governance-Probleme (Prinzipal-Agent-Konflikte) in der Search-Fund-Welt bisher kaum eine Rolle gespielt haben. In den wenigen Fällen, wo es doch zu groben Fehlentwicklungen kam, griffen die erfahrenen Boards schnell ein – notfalls wurde auch schon einmal ein CEO abberufen und durch einen erfahrenen Nachfolger ersetzt. Durch diese intensiven, persönlichen Beziehungen und die kleine Eigentümergruppe bestand schlicht kein offensichtlicher Bedarf an zusätzlichen „Engagement“-Mechanismen: Man sprach und vertraute einander ohnehin regelmäßig.
Warum wird also jetzt über Shareholder Engagement bei Search Funds gesprochen? Kurz gesagt, weil sich das Umfeld wandelt. Wie oben beschrieben, wird die Search-Fund-Community immer größer und vielfältiger. Beziehungen, die früher informell und persönlich „eingebettet“ waren, werden mit dem Zustrom neuer Akteure geschäftsmäßiger bzw. distanzierter. Die IESE-Studie stellt fest, dass das bisherige Erfolgsrezept – eine Kultur der Zusammenarbeit, Weitergabe von Erfahrungen und Gegenseitigkeit – durch das rasante Wachstum der Branche vor Herausforderungen steht. Jetzt kommen viele neue Suchende und Investoren hinzu, die die alten inoffiziellen Spielregeln vielleicht nicht alle kennen. Das birgt die Gefahr von Missverständnissen oder Reibungen, wenn man sich nicht um bewusste Abstimmung bemüht. Zudem werden die Captables (Investorenlisten) mancher Search Funds breiter: In den USA gibt es Fälle, in denen kein einzelner Investor mehr als 10–15% hält. Das verteilt zwar das Risiko, bedeutet aber auch, dass kein Investor automatisch den Ton angibt oder extrem eng involviert ist – das altbewährte informelle Governance-Modell (wo jeder jeden kennt) stößt an Grenzen. Hier kommt Shareholder Engagement ins Spiel: Es kann helfen, Strukturen und Kommunikationswege einzuführen, die im größeren Kreis für Alignment sorgen und die Kultur bewusst hochhalten.
Warum Shareholder Engagement für Search Funds wichtig ist
1. Erhalt der Kultur und des gemeinsamen Lernens: Einer der größten Vorteile von aktivem Anteilseigner-Engagement im Search-Fund-Kontext ist, dass es hilft, die einzigartige Kultur zu bewahren, die dieses Modell so erfolgreich gemacht hat. Traditionell herrscht in der Search-Fund-Community eine Atmosphäre von Offenheit, Vertrauen und Mentorship. Erfahrene Investoren nehmen neue Suchende unter ihre Fittiche, man teilt Erfahrungen offen miteinander – es gibt eine Community of Practice, in der alle voneinander lernen. Die IESE-Studie betont, dass diese Kultur bislang vor allem durch persönliche, eingebettete Beziehungen weitergegeben wurde. Unter den aktuellen Wachstumsbedingungen wird es jedoch immer schwieriger, dass jeder jeden kennt und diese gemeinsamen Werte automatisch vermittelt werden. Hier kann Shareholder Engagement als Transportmittel für Wissen und Werte dienen. Durch aktiven Austausch können die “alten Hasen” den neuen Investoren die zentralen Prinzipien des Search-Fund-Modells näherbringen. Zum Beispiel könnte man regelmäßige Treffen (virtuell oder vor Ort) organisieren, in denen erfolgreiche Search-Fund-CEOs und Investoren über ihre Erfahrungen berichten – so lernen alle Investoren im Netzwerk dazu. Oder innerhalb eines konkreten Search Funds kann der Lead-Investor gezielt darauf achten, dass die übrigen Gesellschafter über die Besonderheiten der Unternehmensphilosophie informiert sind (etwa: Wir legen Wert darauf, die Mitarbeiter des übernommenen Unternehmens wertzuschätzen und den Firmengründer respektvoll zu behandeln, etc.). Engagierte Anteilseigner haben ein besseres Verständnis für den konkreten Unternehmenskontext und die Strategie – das bedeutet, sie verstehen das “Warum” hinter den Entscheidungen. Damit können sie die Kultur, die der Gründer etablieren möchte, mittragen und verstärken, statt unabsichtlich dagegen zu wirken. Ohne bewusstes Engagement besteht die Gefahr, dass bei vielen neuen Gesellschaftern im Boot irgendwann der gemeinsame Wertekanon verwässert. Durch Engagement-Formate – seien es informelle Gespräche oder formelle Workshops – kann man dem entgegenwirken und die gemeinsame Lernkultur erhalten. Das kommt letztlich dem Unternehmen zugute, denn ein gut informierter, kulturverträglicher Gesellschafterkreis unterstützt das Management wesentlich effektiver.
2. Vorbeugung von Interessenkonflikten und Agency-Problemen: Obwohl klassische Agency-Probleme (Interessenkonflikte zwischen Eigentümern und Management) im ursprünglichen Search-Fund-Modell durch starke Anreize und persönliche Nähe entschärft waren, können im neuen Setting andere Konflikte auftreten. Zum Beispiel das, was man Principal-Principal-Konflikte nennt – also Konflikte zwischen unterschiedlichen Eigentümern. Wenn die Investorenschaft heterogener wird, kann es sein, dass verschiedene Anteilseigner verschiedene Prioritäten haben. Vielleicht will ein institutioneller Fonds einen schnelleren Exit sehen, während einzelne Privatinvestoren langfristig orientiert sind. Oder ein Investor ist sehr bedacht auf den Erhalt der Firmenkultur, während ein anderer primär auf kurzfristige Finanzziele schaut. Shareholder Engagement schafft einen Raum, solche Unterschiede offen anzusprechen und zu moderieren, bevor sie zum Problem werden. Regelmäßige Gespräche mit allen Gesellschaftern ermöglichen es, Erwartungen abzugleichen. Der Beirat kann z. B. eine jährliche Umfrage unter den Anteilseignern machen: Was sind eure Ziele mit dieser Beteiligung? – um ein Gefühl zu bekommen, ob alle auf einer Linie liegen. Falls nicht, kann man das offen besprechen. Ohne diesen Austausch könnten solche Diskrepanzen im Verborgenen schwelen und im Ernstfall zu Zerwürfnissen führen (etwa, wenn es um die Frage geht, ob man ein Übernahmeangebot annehmen soll oder nicht). Mit Engagement erreicht man, dass die Eigentümer untereinander und mit dem Management ausgerichtet bleiben. Die IESE-Studie unterstreicht, dass Informationsasymmetrien zwischen Prinzipalen und Agenten (also Eigentümern und Geschäftsführung) die Eigentümer benachteiligen und zu konfliktträchtigen Anreizen führen können – Shareholder Engagement hat sich als effektives Mittel erwiesen, um solche Probleme abzumildern. Im Klartext: Je mehr die Investoren wissen und sich einbringen dürfen, desto weniger Misstrauen und Fehlanreize gibt es.
Darüber hinaus fungiert eine engagierte Eigentümerschaft als eine Art Frühwarnsystem. Wenn etwas im Unternehmen schiefläuft – z. B. die Zahlen entwickeln sich negativ oder es treten Führungsprobleme auf – werden aktive Gesellschafter das eher bemerken und thematisieren. In der Search-Fund-Welt war es bisher so, dass erfahrene Boards Probleme sehr schnell erkannt und gelöst haben (im Extremfall durch Wechsel des CEOs). Mit einer größeren Investorenzahl ist es umso wichtiger, dass sich nicht nur das Board, sondern auch die restlichen Investoren im Zweifel gehört fühlen und ihre Bedenken adressieren können, bevor es dramatisch wird. Engagement bietet den Rahmen dafür: Investoren können Fragen stellen („Warum ist die Kundenfluktuation so hoch dieses Quartal?“) und das Board/Management kann erläutern bzw. Gegenmaßnahmen diskutieren. So werden potentielle Schieflagen schneller korrigiert, und alle ziehen an einem Strang, anstatt dass vielleicht einige unzufriedene Investoren im Hintergrund an der Reißleine ziehen. Ein greifbares Beispiel: Stellen wir uns vor, ein Search-Fund-CEO würde riskante Entscheidungen treffen, die einigen Investoren Unbehagen bereiten. Ohne Engagement bliebe ihnen nur, still unzufrieden zu sein oder ihr Investment ggf. abzuschreiben. Mit einem etablierten Engagement-Forum könnten sie ihre Sorge offen ansprechen – z. B. in einer Gesellschafterrunde fragen: Ist diese aggressive Expansionsstrategie wirklich das Richtige? Können wir das diskutieren? – und dadurch eventuell eine Kurskorrektur herbeiführen, bevor Schaden entsteht. So wird aus potenziell zerstörerischer Kritik ein konstruktiver Input.
3. Stärkung der Unternehmensführung (Board) und Entscheidungsqualität: In jedem Unternehmen ist ein kompetentes und wachsames Board of Directors bzw. ein Beirat Gold wert. Im Search Fund bilden oft einige Hauptinvestoren und ggf. unabhängige Experten den Beirat. Deren Wirken entscheidet maßgeblich mit über Erfolg oder Misserfolg nach der Übernahme. Shareholder Engagement kann dazu beitragen, das Board noch effektiver zu machen. Zum einen, indem es dem Board ermöglicht, weitere Eigentümerperspektiven aufzunehmen. Wenn der Beirat weiß, was die breite Investorengemeinschaft denkt oder wo sie Unterstützungsbedarf sieht, kann er seine Aufsicht und Beratung entsprechend ausrichten. Zum anderen, indem es dem Board hilft, seine Entscheidungen und Überlegungen transparent an alle Gesellschafter zu kommunizieren. Das fördert Vertrauen. Die Investoren abseits des Boards fühlen sich abgeholt und verstehen besser, warum das Board gewisse Beschlüsse fasst. Studien in börsennotierten Firmen zeigen, dass aktives Engagement der Anteilseigner mit höheren Bewertungen und Renditen einhergeht – ein Indiz dafür ist unter anderem, dass engagierte Investoren eher bereit sind, länger investiert zu bleiben und bei Kapitalbedarf nachzuschießen, weil sie dem Governance-Prozess vertrauen. Übertragen auf Search Funds heißt das: Wenn Investoren sehen, dass ihr Board offen mit ihnen interagiert und auf ihren Input hört, sind sie auch eher geneigt, im Zweifel zusätzliches Kapital zur Verfügung zu stellen oder eine Durststrecke mitzutragen, weil sie spüren, dass ihr Investment in guten Händen ist.
Engagement kann außerdem helfen, die vielfältigen Ressourcen der Investorenschaft für das Unternehmen zu mobilisieren. In vielen Search Funds bringen einzelne Investoren wertvolles Know-how oder Kontakte mit (etwa Erfahrung in einer bestimmten Branche oder Region). Ohne Engagement bleiben diese Ressourcen vielleicht ungenutzt, weil der Investor keine Gelegenheit hat, sie anzubieten. In einem engagierten Umfeld hingegen kann das Management gezielt Fragen in die Runde stellen, z. B.: Kennt jemand einen guten Kandidaten für die offene CFO-Stelle? – und prompt vermittelt ein Investor einen passenden Kontakt. Oder wenn das Board berichtet, man überlege eine Expansion nach Frankreich, meldet sich ein kleinerer Investor, der dort Erfahrung hat, und bietet Unterstützung an. So führt die Einbindung der Anteilseigner tatsächlich zu besser informierten, fundierteren Entscheidungen. Auch aus Investorensicht ist das attraktiv: Sie sehen, dass ihre Beteiligung ihnen neben finanzieller Rendite auch Mitgestaltungsmöglichkeiten bietet – natürlich immer auf strategischer Ebene, nicht ins Alltagsgeschäft hinein. Dieses Gefühl, Teil von etwas zu sein, motiviert Investoren zusätzlich, dem Unternehmen treu zu bleiben und sein Wachstum zu fördern.
4. Absicherung des langfristigen Unternehmenserfolgs: Ein Search Fund durchläuft nach der Unternehmensübernahme oft eine kritische Übergangsphase. Der neue CEO muss das Vertrauen der Belegschaft gewinnen, Prozesse eventuell neu aufstellen und das Geschäft behutsam ausbauen – all das, während die Investoren natürlich auf den Erfolg hoffen. In dieser Zeit kann aktives Anteilseigner-Engagement wie ein Stabilisator wirken. Es sorgt für Kontinuität und Rückendeckung. Investoren, die regelmäßig informiert und eingebunden werden, neigen weniger zu Panikreaktionen, falls z. B. die Umsätze kurzfristig hinter den Erwartungen bleiben. Statt vorschnell Druck auszuüben oder das Schlimmste anzunehmen, wissen sie um die Hintergründe und können konstruktiv helfen. Umgekehrt erfährt der CEO durch engagierte Anteilseigner frühzeitig, wenn es Bedenken gibt, und kann darauf eingehen. So verhindert man, dass sich kleinere Probleme unbemerkt zu großen auswachsen.
Eine aktive Eigentümerschaft kann das Unternehmen auch krisenfester machen. Untersuchungen an größeren Firmen deuten an, dass Shareholder Engagement mit geringerer Insolvenzgefahr, stabileren Cashflows und höherer Resilienz einhergeht. Überträgt man das auf Search Funds: Engagierte Investoren lassen ein Unternehmen in schweren Zeiten nicht einfach fallen. Sie sind informiert genug, um zu wissen, wann temporäre Schwierigkeiten normal sind, und sie sind involviert genug, um im Notfall sogar zusätzliche Mittel bereitzustellen oder operativ zu unterstützen. Das erhöht die Überlebenschancen und Robustheit der Firma. Zudem fungieren engagierte Anteilseigner oft als Botschafter des Unternehmens. Sie reden mit Stolz über die Firma, weil sie sich als Teil davon fühlen. Das kann dem Ruf (Brand) des Unternehmens nutzen – beispielsweise indem Investoren neue Kunden vermitteln oder potenzielle Mitarbeiter empfehlen, die sie aus ihrem Netzwerk kennen.
Man stelle sich eine beispielhafte Situation vor: Gründer Ben hat über seinen Search Fund ein mittelständisches Softwareunternehmen übernommen. Unter den Investoren sind einige erfahrene Tech-Unternehmer. Ein Jahr nach der Übernahme bleibt das Wachstum hinter den Erwartungen. Wenn Ben nun gar kein proaktives Engagement hätte, könnten manche Investoren unruhig werden und hinterfragen, ob er der richtige CEO ist. Da Ben aber regelmäßige Austausch-Calls organisiert, kann er offen erklären, welche Maßnahmen er ergreift (z. B. Umstellung des Vertriebskonzepts) und wo die Herausforderungen liegen. Die Investoren können Fragen stellen und Ratschläge geben. In dieser Phase vermittelt einer der Investoren Ben einen Kontakt zu einem großen möglichen Kunden. Ein anderer Investor, der viel Vertriebserfahrung hat, bietet an, sich quartalsweise mit Bens Vertriebsleiter zusammenzusetzen, um zu coachen. Binnen weiterer sechs Monate ziehen die Verkaufszahlen an. Dank des Engagements fühlten sich alle Investoren eingebunden – keiner hat in der Zwischenzeit Druck gemacht, “den Kurs zu wechseln”, sondern alle haben an der Lösung mitgewirkt. Das Unternehmen hat dadurch nicht nur die Talsohle überstanden, sondern aus dem kollektiven Know-how geschöpft. Dieses Beispiel zeigt: Durch Anteilseigner-Engagement wird aus einer Ansammlung von Einzelinvestoren eine eingespielte Mannschaft, die gemeinsam mit dem Unternehmer für den Erfolg kämpft.
Wie lässt sich Shareholder Engagement in einem Search Fund umsetzen?
Theorie und Nutzen sind das eine – aber wie geht man ganz konkret vor, um in seinem eigenen Search Fund ein funktionierendes Anteilseigner-Engagement aufzubauen? Im Folgenden einige praktische Ansätze und Best Practices, inspiriert von den Leitprinzipien der IESE-Studie und Erfahrungen aus der Praxis:
Klare Rollenaufteilung: Board vs. operatives Management – Als erstes sollte eindeutig geklärt sein, worüber mit den Anteilseignern diskutiert wird und worüber nicht. Shareholder Engagement sollte sich auf Themen konzentrieren, die das Board betreffen, und nicht ins Tagesgeschäft der Geschäftsführung hineinregieren. Es ersetzt nicht die normale Kommunikation des Managements (z. B. Finanzberichte), sondern ergänzt sie. Wichtig: Wenn der Beirat beginnt, sich in operative Details einzumischen – selbst mit bester Absicht – kann das das Management untergraben, besonders bei einem noch unerfahrenen CEO. Deshalb ist es sinnvoll, von Anfang an einen gemeinsamen Verständnishorizont zu schaffen, welche Themen ins Engagement gehören. Ein pragmatischer Leitsatz: Alles, was die operative Umsetzung betrifft (z. B. tägliche Abläufe, einzelne Kundenentscheidungen, Personalführung im kleinen Rahmen), liegt im Verantwortungsbereich des Managements und wird im normalen Reporting abgedeckt. Alle Entscheidungen jedoch, die den langfristigen Wert für die Anteilseigner wesentlich beeinflussen können, oder deren Nichterreichen diesen Wert deutlich gefährden könnte, gehören auf die Board-/Eigentümer-Ebene. Dazu zählen Strategie, größere Investitions- oder Finanzierungsentscheidungen, Führungsfragen im Top-Management etc. (In manchen Ländern weitet sich der Begriff “shareholder” inzwischen auf alle Stakeholder oder “das Wohl der Gesellschaft” aus – für uns im Search-Fund-Kontext bleiben aber primär die Gesellschafter gemeint.) Als Search-Fund-CEO sollte man also gleich zu Beginn kommunizieren: „Liebe Investoren, ich werde euch regelmäßig über die Geschäftsentwicklung informieren. Zusätzlich möchte ich bei wichtigen strategischen Weichenstellungen eure Meinung hören.“ So wissen alle: Operative Updates liefert das Management, bei größeren Themen wird der Dialog gesucht. Diese Klarheit verhindert Missverständnisse und schützt vor Übergrifflichkeiten. Insbesondere sollte vermieden werden, dass engagierte Anteilseigner anfangen, direkt das Team im Unternehmen anzuweisen oder kleinteilige Vorgaben zu machen – das wäre kontraproduktiv. Der Respekt vor den jeweiligen Zuständigkeiten (Fiduciary Duties, gesetzlichen Rollen etc.) hat oberste Priorität.
Den Dialog wirklich zweiseitig gestalten – Bidirektionalität lautet das Schlüsselwort. Es reicht nicht, einseitig Informationen bereitzustellen; man muss als Board/Management auch aktiv zuhören. Konkret sollte man Formate schaffen, in denen Kommunikation in beide Richtungen fließt: vom Board zu den Anteilseignern und von den Anteilseignern zurück zum Board. In der Praxis könnte das bedeuten, dass man in Gesellschafterversammlungen oder -calls gezielt Feedback-Runden einbaut. Zum Beispiel könnte der Beiratsvorsitzende nach einer Strategiepräsentation an alle Investoren fragen: „Wie seht ihr das? Habt ihr Bedenken oder Vorschläge?“ – und diese Wortmeldungen ernst nehmen. Es bedeutet auch, den Anteilseignern das Recht und die Möglichkeit zur Rückmeldung einzuräumen, ohne dass dies als störend empfunden wird. Viele Search-Fund-Gründer verschicken regelmäßige Update-Mails – hier kann man schlicht am Ende einladen: „Falls Sie Fragen oder Anregungen haben, zögern Sie bitte nicht, mich anzurufen oder zu mailen.“ Wichtig ist natürlich auch, dass man als CEO/Board dann wirklich offen ist für Eingaben. Die IESE-Studie stellt fest, dass die vielen Vorteile des Engagements in großen Unternehmen klar darauf hindeuten, wie viel man daraus lernen und gewinnen kann, wenn man die Sichtweisen aller Eigentümer berücksichtigt. Gerade in einem Search Fund, wo die Investoren oft selbst erfolgreiche Unternehmer oder Experten sind, steckt enormes Potenzial in ihren Meinungen. Zweiseitig heißt aber nicht chaotisch: Man sollte vereinbaren, wie dieser Austausch abläuft – z. B. „Investoren können jederzeit den Board Chair kontaktieren, wenn sie ein wichtiges Thema sehen“ oder „Wir sammeln Feedback und besprechen es im Board, bevor wir reagieren“. So fühlt sich jeder gehört, und doch bleibt der Prozess geordnet.
Regelmäßige Austauschformate etablieren – Planmäßige Interaktionen jenseits der formalen Board-Meetings erleichtern den konstruktiven Austausch. Als bewährte Frequenz haben sich bei vielen Firmen halbjährliche Treffen aller Gesellschafter zusätzlich zu den vierteljährlichen Board-Sitzungen erwiesen. Konkret könnte man z. B. jedes Jahr im Sommer und Winter alle Investoren zu einem Meeting (physisch oder per Videokonferenz) einladen, in dem das Board und Management ein Update gibt und strategische Fragen mit allen diskutiert. Sollte das nicht reichen – etwa in turbulenten Zeiten – kann man auch vierteljährliche All-Investor-Calls ansetzen. Wichtig ist, diese Termine im Voraus festzulegen, damit alle sich darauf einstellen. In solchen Sitzungen hat es sich als nützlich erwiesen, auch einen „internen“ Abschnitt einzuplanen, der ohne die Geschäftsführung stattfindet. Das entspricht dem sogenannten Executive Session bei Boards: Die Anteilseigner und Board-Mitglieder können unter sich offen reden. Manchmal trauen sich Investoren eher, Kritik zu äußern oder heikle Themen anzusprechen, wenn das Management nicht im (virtuellen) Raum ist. Natürlich sollte der Board danach dem CEO die relevanten Punkte mitteilen, damit keine Geheimniskrämerei entsteht. Ein solcher geschützter Austausch kann helfen, Stimmungen oder Sorgen im Gesellschafterkreis zu erfassen und Missverständnisse auszuräumen. Darüber hinaus empfiehlt es sich, eine Art „Engagement-Kodex“ innerhalb der Investorengruppe festzulegen. Das muss kein förmliches Dokument sein, aber alle sollten ein gemeinsames Verständnis haben: Wie kommunizieren wir, wann und über welche Themen? Beispielsweise könnte man vereinbaren: „Wir machen keine Überraschungs-Manöver auf der Gesellschafterversammlung, sondern sprechen Dinge vorher an. Wir treffen uns mindestens zweimal im Jahr, und zwischendurch hält der CEO monatlich per E-Mail alle auf dem Laufenden.“ Solche internen „Spielregeln“ schaffen Vertrauen und verhindern, dass Engagement willkürlich oder unkoordiniert abläuft. Wichtig: All das ändert natürlich nichts an den gesetzlichen Rechten und Pflichten (fiduciary duties) von Board und Management – es geht vielmehr um zusätzliche freiwillige Absprachen.
Den langfristigen Wert und die Führungsentwicklung in den Mittelpunkt stellen – Bei den Inhalten der Engagement-Gespräche sollte stets die langfristige Wertschöpfung für das Unternehmen und die Entwicklung des jungen CEOs zum kompetenten Geschäftsführer im Vordergrund stehen. Gerade letzteres – die Transformation eines jungen Professionals zu einem effektiven Unternehmer und Führungspersönlichkeit – ist ein zentrales Element des Search-Fund-Modells. Die Investoren haben quasi die Rolle, den neuen CEO zu begleiten und mitzuformen. Shareholder Engagement bietet dafür eine Plattform. Praktisch könnte das heißen: In den Austauschmeetings nicht nur über Zahlen reden, sondern auch über Vision, Strategie und Personal. Die Investoren können wertvolles Feedback zum strategischen Kurs geben oder Hinweise, wo der CEO noch dazulernen kann. Zum Beispiel könnten sie empfehlen, dass der CEO ein Coaching in Anspruch nimmt, oder gemeinsam erarbeiten, welche Führungspositionen im Unternehmen besetzt werden müssen, um Wachstum zu ermöglichen. Lernen steht hier auf beiden Seiten im Fokus: Der CEO lernt von den Erfahrungen der Anteilseigner, und die Anteilseigner lernen die Herausforderungen des operativen Geschäfts besser kennen. Diese Lernkultur ist zentral. Sie sorgt dafür, dass die Engagement-Runden nicht zu Nörgel-Runden verkommen, sondern konstruktiv bleiben. Außerdem sollten alle Diskussionen immer darauf ausgerichtet sein, Werte zu schaffen und nicht kurzfristig zu optimieren. Es geht darum, aus dem jungen Unternehmen in vielleicht 5–10 Jahren ein größeres, wertvolleres und nachhaltig stabiles Unternehmen zu machen – diese langfristige Perspektive sollten Vorstand und Investoren gemeinsam verinnerlichen. Wenn z. B. Umsätze hinterherhinken, kann die Diskussion darum gehen: „Wie investieren wir jetzt richtig, um langfristig Marktanteile zu gewinnen?“ statt „Wie drücken wir die Kosten, um nächsten Monat besser dazustehen?“ Das langfristige Denken ist ein Anker, der hilft, auch schwierige Phasen gemeinsam durchzustehen und in Engagement-Meetings nicht in Panik oder kleinliche Diskussionen zu verfallen.
Konstruktiver und professioneller Ton – Bei allen Interaktionen muss der Ton professionell und kollegial bleiben. Das klingt selbstverständlich, ist aber in der Praxis entscheidend für den Erfolg von Shareholder Engagement. Alle Beteiligten – der CEO, das Board, die Investoren – sollten mit dem Bewusstsein in die Gespräche gehen, gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten (nämlich dem Erfolg des Unternehmens). Persönliche Angriffe oder Schuldzuweisungen haben hier nichts verloren. Es hilft, diese Kultur von Anfang an zu etablieren. Der Board Chair oder ein Lead-Investor kann beispielsweise zu Beginn eines Meetings die Erwartungshaltung setzen: „Wir wollen heute offen diskutieren, aber bitte immer sachlich und lösungsorientiert.“ Jeder im Kreis sollte sich verpflichtet fühlen, konstruktiv, kooperativ und kollegial zu handeln. Das bedeutet: Probleme ansprechen, ja – aber möglichst mit Vorschlägen, wie man sie lösen kann. Und zuhören, wenn andere sprechen. Falls doch einmal emotionalere Debatten aufkommen (was passieren kann, wenn viel auf dem Spiel steht), ist es Aufgabe des Moderators (oft der Board Chair), die Atmosphäre wieder zu versachlichen. Auch der CEO sollte Feedback nicht als Angriff sehen, sondern als Hilfestellung – und umgekehrt sollten Investoren Kritik immer respektvoll äußern, nicht herablassend. Professionalität heißt auch, die Engagement-Meetings gut vorzubereiten: Agenda vorab verteilen, Protokolle oder Memo im Nachgang verschicken und Aufgaben festhalten. So zeigt man, dass man diese Treffen ernst nimmt. Wenn der CEO zum Beispiel ein investorenseitiges Feedback umsetzt, sollte er beim nächsten Mal zurückmelden: „Danke für den Hinweis beim letzten Treffen, wir haben daraufhin XYZ geändert und folgende Resultate gesehen…“ – so fühlen sich Investoren wertgeschätzt und nehmen das Format weiter ernst. Insgesamt sollte die Devise sein: hart in der Sache, weich zu den Menschen. Also ruhig kontroverse Themen auf den Tisch bringen, aber immer mit Respekt und einem Schuss Teamgeist.
Lern- und Anpassungsfähigkeit – Jedes Unternehmen und jede Investorengruppe ist anders. Daher sollte man das Engagement-Modell kontinuierlich überprüfen und bei Bedarf anpassen. Vielleicht stellt man fest, dass einige Investoren kaum beitragen und lieber nur informiert werden möchten – dann könnte man den aktiven Dialog auf die engagierteren Investoren konzentrieren und anderen z. B. die Möglichkeit geben, nur zu lauschen. Oder umgekehrt merkt man, dass es ungünstig ist, alle Investoren in jeden Diskurs einzubeziehen, und schafft stattdessen kleinere Arbeitsgruppen (z. B. ein Investor mit Marketing-Expertise arbeitet direkt mit dem Marketing-Team zusammen und berichtet dann an die anderen). Es gibt kein Patentrezept – wichtig ist, die Wirksamkeit des Engagements im Auge zu behalten. Ein Indik
Lern- und Anpassungsfähigkeit – Jede Investorengruppe tickt etwas anders, und auch die Situation eines Unternehmens verändert sich mit der Zeit. Daher sollte man bereit sein, das Engagement-Modell laufend zu verbessern und bei Bedarf anzupassen. Vielleicht merkt man, dass vierteljährliche Treffen zu häufig sind und die Investoren sich auch mit zwei Treffen pro Jahr zufrieden geben – dann kann man die Frequenz reduzieren, um niemanden zu ermüden. Oder man stellt fest, dass bestimmte Themen besser in kleiner Runde besprochen werden: Zum Beispiel könnte man themenbezogene Arbeitsgruppen bilden (etwa eine Investorengruppe zur Strategie, eine zur Personalentwicklung), die dann ihre Ergebnisse dem gesamten Kreis präsentieren. Entscheidend ist, regelmäßig zu reflektieren, ob Format und Umfang des Engagements noch den gewünschten Zweck erfüllen. Ein Indikator kann sein, wie zufrieden die Beteiligten damit sind: Gibt es noch viele ungeäußerte Fragen? Fühlen sich alle gut informiert? Sind die Diskussionen konstruktiv? Basierend darauf kann man Änderungen vornehmen. Diese lernende Haltung zeigt sich auch darin, dass man offen für Feedback zum Engagement-Prozess selbst ist. Man könnte z. B. einmal im Jahr die Investoren fragen, wie sie die Kommunikation empfinden und was man verbessern könnte. So bleibt die Engagement-Kultur lebendig und wirksam. Insgesamt ist eine Kultur des fortwährenden Lernens und Verbesserns der Schlüssel – genau wie im Unternehmen selbst soll auch im Eigentümerkreis eine Kultur bestehen, in der man voneinander lernt und sich gemeinsam weiterentwickelt. Das Engagement ist keine starre Pflichtübung, sondern darf und soll mit der Zeit reifen.
Fazit
Die beeindruckende Erfolgsbilanz vieler Search Funds – geringe Ausfallraten und überdurchschnittliche Renditen – ist kein Zufall, sondern beruht zu einem großen Teil auf der Kultur und Ausrichtung, die diesem Modell innewohnen. Traditionell waren alle Beteiligten eng auf gemeinsame Ziele eingeschworen, und erfahrene Investoren gaben ihr Wissen großzügig an neue Sucher und CEOs weiter. Doch mit der zunehmenden Verbreitung und Institutionalisierung des Modells besteht die reale Gefahr einer Verwässerung dieser Kultur – was langfristig auch die Performance beeinträchtigen könnte. Genau hier setzt Shareholder Engagement an: Es bietet einen Weg, die ursprünglichen Stärken der Search-Fund-Community auch in Zukunft lebendig zu halten. Indem Gründer und Investoren bewusst den Dialog suchen, bleibt die Gemeinschaft eingebunden, und das Modell kann weiterhin gedeihen.
Für angehende Search-Fund-CEOs bedeutet das, ihre Investoren nicht nur als Geldgeber zu sehen, sondern als echte Partner im Dialog. Wer seine Gesellschafter aktiv einbindet, gewinnt Zugang zu wertvollem Rat und Unterstützung und stellt sicher, dass alle an einem Strang ziehen. Probleme kommen früher ans Licht und lassen sich im Team lösen, Chancen werden gemeinsam erkannt und genutzt. Statt einer Kluft zwischen Management und Kapital entsteht so eine eingeschworene Gemeinschaft rund um das Unternehmen.
Letztlich geht es beim Shareholder Engagement darum, ein starkes Netzwerk um das eigene Unternehmen zu knüpfen – ähnlich dem größeren Search-Fund-Netzwerk, aber fokussiert auf die eigene Firma. Dieses Netzwerk aus vertrauensvollen Beziehungen kann das Unternehmen durch schwierige Phasen tragen und entscheidend zum Erfolg beitragen. Die IESE-Studie formuliert es treffend: Die besondere Leistungsfähigkeit von Search Funds rührt aus ihrer Kultur, und Shareholder Engagement kann ein Mittel sein, diese Kultur im Wachstum zu bewahren, sodass das Modell auch für zukünftige Generationen von Suchern erfolgreich bleibt.
Für Sie als Gründer heißt das konkret: Nehmen Sie Ihre Investoren mit auf die Reise. Pflegen Sie einen offenen Austausch und bauen Sie eine Vertrauenskultur auf. Dann werden Ihre Anteilseigner nicht nur Kapitalgeber, sondern Mentoren, Fürsprecher und Mitstreiter auf dem Weg zum gemeinsamen Ziel. Dies kann am Ende den entscheidenden Unterschied ausmachen – nämlich den Unterschied zwischen einem durchschnittlichen Verlauf und einer echten Erfolgsgeschichte, in der ein kleines erworbenes Unternehmen dank guter Führung und engagierter Anteilseigner zu neuer Größe aufblüht.